Fast fünf Jahrzehnte in der Verantwortung als Abteilungsleiter und Geschäftsführer: Turner Wolfgang Wagner vom TuS Mockau Das Gerüst des Sports: Trainer und Übungsleiter sind vor allem im Nachwuchssport unverzichtbar 790 Jugendleiter 2.500 Vorstände und Abteilungsleiter 230 Ehrenamtler in den 13 Fachverbänden Das war in der Generation von Wolfgang Wagner noch anders. Der 79-jährige Turner leitete seit 1976 die Turnabteilung des TuS Mockau – einst BSG Motor Mockau –, gründete den Verein 1989 neu und war bis 2022 Geschäftsführer des Gesamtvereins und zudem Trainer für Kinder ab der 1. Klasse bis zu den 25-/26-Jährigen. Noch heute engagiert er sich als Übungsleiter und ist selbst als Gym- nast aktiv. Dem einstigen Elektriker- meister sieht man sein Alter nicht an. Knapp fünf Jahrzehnte Ehren- amt halten offenbar jung. „Anders kann ich es mir nicht erklären“, sagt Wagner lachend. „Im Ehrenamt geht es nicht um Vorteil, es hat mir ein- fach immer Spaß gemacht. Man muss die Lust mitbringen und bereit sein, seine Freizeit hinten anzustellen“, gibt er zu bedenken. „Als Lohn bekommt man den Dank derer zurück, denen man das Turnen beigebracht hat.“ E h r e n a m t s k o o r - d i n a t o r e n h e l f e n Um es nicht dem Zufall zu überlassen, neue Enthusiasten wie Wolfgang Wag- ner zu entdecken, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen, Arbeit zu erleich- gibt es viel mehr Konkurrenzangebote, etwa durch Fitnessclubs. Von denen werden bestimmte Zwecke, die Engagierte motivieren, bereits erfüllt wie beispielsweise, sich sportlich zu betätigen. Sportvereine müssen hier ihr spezifisches Profil, das sie von kommerziellen Angeboten unterscheidet, deutlich machen. Etwa die Möglichkeit, sich einzubringen und mitzugestalten. Wie groß sind die Unterschiede zwischen Ost und West? Hollstein: Die unterschiedlichen Engagementquoten in Ost- und Westdeutschland haben historisch-strukturelle Gründe, zum Beispiel die geringere Kirchenbindung in Ostdeutschland. Sie haben sich seit Ende der 1990er-Jahre aber kontinuierlich angenähert und werden sich wahrscheinlich weiter annähern. Gewisse Unterschiede werden weiter bestehen, aber die gibt es auch zwischen Schleswig- Holstein und Baden-Württemberg. Was können die Vereine tun, um Ehrenamtliche zu gewinnen? Hollstein: Die meisten Leute engagieren sich, weil sie direkt ange - sprochen wurden. Zunächst sollte man Mitglieder des Vereins fragen, ob sie nicht Lust haben, einen Trainerschein zu machen oder bei Veranstaltungen zu helfen. Das muss flankiert werden von einer Öffentlichkeitsarbeit, die auf die Besonderheiten des Vereins hinweist: Geselligkeit, Spaß, das Füreinanderdasein, Partizipationsmöglich- t r u f r E t ä t i s r e v i n U , L B S S , B L S S / a l d o M n a i t s i r h C , ) d n a l n e e s u e N e d n u e r f t r o p S : s o t o F Die meisten Leute engagieren sich, weil sie direkt angesprochen wurden.“ Bettina hollstein, Geschäftsführerin des Max-Weber-kollegs der Universität Erfurt keiten. Die Ansprache sollte zu bestimmten Anlässen erfolgen, zum Beispiel zu einem Großereignis. Dann lernen die Ehrenamtlichen den Verein kennen, ohne sich langfristig binden zu müssen, und können ein Engagement erproben. Und wie halten sie die Leute bei der Stange? Hollstein: Ganz wichtig: Neue Ehrenamtliche nicht überfordern! Darauf achten, dass man zusammen Spaß hat, Erfolge feiert, Leistung anerkennt und Mitbestimmung zulässt. Im Sport ist es außerdem ganz wichtig, bei der Jugend anzusetzen. Kinder und Jugendliche, die im Verein aktiv sind, engagieren sich später oft weiter. Menschen mit Migrationshintergrund engagieren sich unterproportional. Sollten die Vereine auch da ansetzen? Hollstein: Das finde ich total wichtig. Aber nicht nur bei Migrantinnen und Migranten. Gleiches trifft auf sozial Benachteiligte zu, die sich ebenfalls unterproportional engagieren. EhR EN A M T IM L EIPz I G ER S P OR T AU G U S T 2 0 23 15